Einsatz moderner Methoden für die Vorausberechnung der Strukturdynamik von Wasserkraftlaufrädern in neuartigen Betriebsbedingungen

Motivation

Die Sicherung eines stabilen Energienetztes ist elementar für moderne Volkswirtschaften. Jüngste Entwicklungen in Richtung einer CO_2-neutralen Energieversorgung erfordern stets wachsende Beiträge aussetzender Energieträger. Zur Gewährleistung der Netzstabilität müssen zuverlässige Energiequellen wie die Wasserkraft die Schwankungen in Produktion und Verbrauch flexibel kompensieren. Aufgrund der langen Geschichte des letzteren Energieträgers existiert bereits dazu eine umfassende, eher konventionelle Flotte an Kraftwerken. Es ist daher eine moderne Herausforderung in der Hydrotechnik, die Eignung bereits vorhandener Kraftwerke für den Einsatz einer Vielzahl von Strategien zur Erhöhung der Flexibilität zu untersuchen.

Die Ausweitung der Leistungsbandbreite existierender Kraftwerke in Richtung niedriger Lasten ist eine der im Rahmen des europäischen Projektes XFLEX Hydro untersuchten Strategien. Das veränderte Strömungs- und Strukturverhalten in den Turbomaschinen ist eine der wichtigsten Herausforderungen, welche diese Strategie bedingt, da diese die Festigkeit der mechanischen Komponenten und somit die Sicherheit des Kraftwerkes unmittelbar beeinflusst. Aus diesem Grund ist eine tiefgründige Untersuchung des Struktur- und Strömungsverhaltens unter Einsatz verschiedener numerischer (Abb. 1) und experimenteller Ansätze unausweichlich.

Abb. 1: Numerischer Ablauf auf einer Metaebene.

Strukturanalyse in tiefer Teillast

Die Strukturdynamik-Analysen werden demonstriert am Beispiel des Alqueva II Pumpturbinenlaufrades in tiefer Teillast. Druckfeldfluktuationen aus instationären CFD-Simulationen werden als externe Belastung auf die Struktur abgebildet. Zwecks der optimalen Ressourceneffizienz wird der spektrale Inhalt in resonanznahen und niederfrequenten Anteilen sortiert. In diesem Fall stellen die Druckschwingungsmoden, welche durch das Zusammenspiel der stationären Leitschaufeln und der rotierenden Laufschaufeln entstehen (RSI), die resonanznahen Anregungen dar. Der Rest wird von chaotischen lokalen Wirbelstrukturen verursacht, die mittlere bis kleine geometrische Skalen aufweisen (Abb. 2). Die Unterteilung des Frequenzinhaltes wird basierend auf einer gekoppelten Akustik-Struktur-Modalanalyse durchgeführt.

Abb. 2: Chaotische Belastung durch kleinskalige Wirbel: Schaufel (a) und gesamtes Laufrad (b).

Abhängig der Frequenzen der Lasten werden zwei FE-Simulationsansätze angewandt (Abb. 3). Zeitreihenanalysen werden unter der niederfrequenten Lasten durchgeführt. In diesen werden Trägheit und Dämpfung im Strukturmodell vernachlässigt. Die RSI-Anregungsmoden werden aus dem Gesamtdruck gefiltert und in einer harmonischen vibro-akustischen Simulation der Fluid-Struktur-Interaktion (FSI), worin Trägheit und Dämpfung, insbesondere der Effekt der Zugesetzten Trägheit, berücksichtigt werden. Die Teilergebnisse werden in Form von Frequenzspektren überlagert, um eine Validierung gegen Experimente zu ermöglichen. In einem nächsten Schritt werden die Dehnungsfluktuationen an Stellen der potenziellen Rissentstehung extrahiert. An diesen Stellen liegen bereits Messungen an der Prototyp-Maschine vor. Zum Schluss werden die numerischen Ergebnisse mit den experimentellen Daten verglichen, um einen verlässlichen Ablauf für die numerischen Untersuchungen in tiefer Teillast zu identifizieren.

Abb.3 : Simulationsablauf für Strukturdynamik-Analysen.

Ergebnisse

Die Modalanalyse zeigt, dass sich die Frequenz der 3ND-Mode (räumliche Wellenzahl 3) in der Nähe der Haupt-RSI-Frequenz befindet. Letztere weist wiederum die gleiche Wellenzahl von 3 auf, was die RSI-Frequenz zum Kriterium zur Wahl der FE-Methode macht. Das für die Analyse benötigte Zeitfenster wird zeitlich gleichwertig zu 20 Laufradumdrehungen festgelegt. Dies wurde basierend auf die RMS-Abweichung zwischen Frequenzspektren ermittelt.

Abb. 4: Ermittlung des benötigten Simulationszeitfensters für DPL.

Eine weitere, eher neuartige, Beobachtung aus dieser Arbeit liegt darin, dass sich kritische Stellen im Hinblick auf Ermüdungsschädigung abhängig vom Betriebspunkt ändern. Die hier ermittelten kritischen Stellen sind einmal an der Vorderkante neben dem Band (DPL) und an der Hinterkante neben dem Kranz (PL).

Abb. 5: Kritische Stellen abhängig vom Betriebspunkt: Teillast (a) und tiefe Teillast (b).

Zum erreichen experimentell valider Ergebnisse Werden instationäre Druckfelder aus CFD Simulationen mit 80 Millionen Elementen Netzgröße und dem SBES Turbulenzmodell angewandt. Vergleichbare Ergebnisse werden mit 25 Millionen Elementen und dem SBES Modell, aber nicht mit dem SST Modell aufgrund der Überschätzten Druckfluktuationen erreicht. Der Einfluss der Abweichungen in den SST-Simulationen auf die Ermüdungsschädigung wird vereinfacht untersucht. Schlussfolgernd wird hier festgestellt, dass zur zuverlässigen Strukturanalyse von vergleichbaren Pumpturbinenlaufrädern instationäre Druckfelder aus 25M SBES Strömungssimulation verwendet werden können.

Abb. 6: Validierung numerischer Ergebnisse gegen Messungen: 𝑘𝜔-SST (a) und SEBES (b).
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